Sonnenuntergang, das ist was Schönes. Dafür kann ich schon mal ein paar Meter weiter gehen als sonst. Der erste Versuch, den Sonnenuntergang vom Steirischen Jokl in Kopf und Kamera einzufangen ging ziemlich undramatisch in die Hose. Es war bewölkt, keine Farbe, nichts. Nur blaugraue Wolken, die langsam immer dunkler wurden.
Das muss besser gehn!
Diesmal wollt ich’s anders machen, den Wetterbericht vorher gecheckt: passt!
Und um das ganze ein bisschen mehr auszukosten, war der Plan, oben einen gemütlichen Abend zu verbringen, auf der Hütte zu übernachten und am nächsten Morgen wieder abzusteigen.
Leider hab ich mich mit dem Zeitplan ein bisschen vertan… ich hab vergessen daß August nicht mehr zum Hochsommer gehört. Bei der Fahrt zum Bärenschützklamm-Parkplatz wurde mir also plötzlich bewusst, daß die Sonne nicht bis um 21:00 Uhr auf mich warten wird. Sondern laut Kalender pünktlich um 20:05 verschwindet. Also möglichst rasch in die Schuhe, und keuchend und schnaufend rein in die Klamm und rauf die Stiegen.
Ein wenig hinderlich dabei war, was einige Tage davor seinen Anfang nahm:
Mein Telefon läutet.
„Hey, ich bin in Graz, lass uns mal wieder laufen gehn!“
„Ok, bisschen joggen tut eh ganz gut.“
„Ich will mal die große Runde im Leechwald antesten.“
„Ok, bisschen länger joggen tut wahrscheinlich auch ganz gut.“
Dieses ‚Bisschen länger‘ war über 21km lang, hat weit über 2 Stunden gedauert, und war just am Vormittag des geplanten Sonnen-Shootings.
Und erklärt irgendwie das viele Schnaufen und Keuchen.
Ich bin völlig verschwitzt und etwas erledigt, trotzdem komm ich zum perfekten Zeitpunkt beim Steirischen Jokl an, pack sofort die Kameras aus und halte drauf was das Zeug hält. Mh, schön! Genau so hab ich mir das gewünscht! Wunderschön.
Mit tiefer Zufriedenheit und wieder normalisierter Atmung setz ich mich in die Hütte um den gemütlichen Teil des Abends anzugehn. Und auch der klappt wie am Schnürchen…
Brettljause, Radler, Schokokuchen, Rotwein – alles passt perfekt, und perfekt zusammen!
Und in dieser gemütlichen Umgebung streift mich noch ein Gedanke: Wenn die Sonne untergeht, wird sie ja auch wieder aufgehen. Und wenn das Untergehen schon so schön war, vielleicht wird es das Aufgehen auch sein. Und mit dem Hochlantsch Gipfel in der Nähe… Wow!
Aufregung und Vorfreude machen sich breit als ich endlich im Bett lieg, froh über die Einzelbelegung im Doppelzimmer und die dadurch verfügbare zweite Decke.
„Quaaak! Quaaak!“. Ich sollte meinen Weckerton vielleicht mal ändern.
4:45.
Wo ist denn die Vorfreude von gestern hin? Durch meine bleiernen Augenlidern spür ich sie grad sehr wenig. Aber ein Blick aus dem Fenster, und die Aufregung erwacht… der Himmer fängt schon an erste Farben zu zeigen, das tiefe Dunkelblau beginnt ganz vorsichtig aufzureißen.
Also rein ins G’wand und raus! Die Luft ist frisch, klar und schneidig.
Und überraschend kalt! Wo ist die Hitzewelle wenn man sie mal braucht!
Lampe ein und aufwärts gehts. Der Weg ist gut zu finden, leider verdeckt der Berg den Blick Richtung Horizont, dort wo sich jetzt vermutlich schon ein erstes kleines Farbenfeuerwerk abspielt.
Aber es dauert nicht lang und ich komme auf die Hochfläche. Herrlich breiten sich Teichalm und Sommeralm vor mir aus. Alles noch finster, alles noch ruhig.
Nur der Wind pfeift mir um die Ohren.
Der Horizont wird langsam immer farbvoller, die Umgebung langsam heller. Die Lampe brauch ich nicht mehr, die Konturen werden scharf und mit der zunehmenden Helligkeit scheint sich alles wieder aus dem Schlaf in die Realität zu heben.
Der Wind pfeift weiter, Ohren und Finger werden kalt, aber die Szenerie ist so beeindruckend, daß ich insgesamt eine Stunde am Gipfel verbringe und über 200 Fotos schieße. Danach, zufrieden, munter und kalt mach ich mich wieder auf zur Hütte. Das Frühstück wartet schon auf mich! Ausgiebig und wunderbar, genau wie ich’s mir erhofft hab.
Ein wunderbarer Abschluss meiner kleinen Auszeit.
Zufrieden und gestärkt gehts abwärts Richtung Parkplatz. Ich hab mir für diesen Ausflug Intensität gewünscht. Ich wusste dabei nicht, welche Formen sie annehmen kann. Einen kurzen Moment der Unachtsamkeit, mein Fuss rutscht von einem Stein ab, ein stechender Schmerz. Knöchel verstaucht? Ja, Knöchel verstaucht. Der Linke, wo schon mal die Bänder ab waren. Ich stehe etwas verwirrt da, atme schwer und bin gleichzeitig fasziniert. Der Schmerz ist klar und stechend, und zieht von meinem linken Knöchel aufwärts. Oder doch abwärts? Unten durch, unten herum? Keine Ahnung, ich bin verwirrt weil ich nicht spüren kann was genau mir eigentlich weh tut.
Trotz Hinkebein geht der Abstieg zum Auto ganz flott. Vielleicht gönn ich mir mal ein paar Tage Pause?
Nix tun außer Bein hochlagern?
Pah! Als ob ich das könnte! 🙂